Gambia: Psychiatrische Versor- gung Auskunft der SFH-Länderanalyse Einleitung
Wir gehen aufgrund Ihrer Anfrage vom 17. Juni 2008 von folgendem Sachverhalt aus: Herr T. aus Gambia stammt aus einer eher armen Familie und stellte in der Schweiz ein Asylgesuch. Er heiratete im Jahr 2004 eine Schweizer Bürgerin. Im April 2004 wurde er erstmals (für zwei Monate) psychiatrisch hospitalisiert. In den letzten drei Jahren befand sich Herr T. wegen eine r paranoiden Schizophrenie und Störungen durch Cannabinoide fast ununterbrochen in psychiatrischen Institutionen. Insgesamt wurde er fünfmal per FFE (fürsorglichen Freiheitsentzug) psychiatrisch hospitalisiert. Die Ehe ist an der Krankheit zerbrochen, wesh alb das kantonale Migrationsamt Herrn T. die Aufenthaltsbewilligung (trotz Krankheitsstatus) nicht mehr verlängern will. Ihrer Anfrage entnehmen wir folgende Fragen
1. Wie lassen sich eine paranoide Schizophrenie (ICD-10: F20.0) und Störungen
durch Cannabinoide (ICD-10: F12.1) in Gambia behandeln?
2. Sind die folgenden Medikamente in Gambia erhältlich: Haldol, Valium, Zypre-
xa, Velotab, Akineton, Temesta Expidet ?
Für die Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH ist Gambia kein Schwerpunktland.1 Trotzdem können wir aufgrund von Expertenauskünften und eigenen Reche rchen, die sich zum grössten Teil auf Informationen der W orld Health Organisation (WHO) beziehen, die folgende Auskunft geben.
Psychiatrische Versorgung in Gambia
Gemessen am europäischen Standard ist die Gesundheitsversorgung in Gambia dürftig und auf primärer, sekundärer und tertiärer Ebene nicht mit europäischen Standards vergleichbar. Der Zugang, Qualität, Quantität, Stab ilität und Kosten der medizinischen Versorgung variieren in Gambia innerhalb von S tädten, zwischen Stadt und Land sowie zwischen privatem und öffentl ichem Sektor.
Gemäss WHO2 sind in Gambia eine signifikante Anzahl Personen von psych ischen Erkrankungen betroffen. Aus einer Gesamtbevölkerung von 1, 478 Millionen Men-schen bedürfen nach Schätzungen der W HO 120‘000 Personen Zugang zu psychiat-rischer Behandlung, 27‘000 davon leiden an schweren psychische Störungen. Pro Jahr werden jedoch nur 3000 Patienten und Patientinnen behandelt, was bedeutet, dass 90 Prozent entweder keinen Zugang zu den benötigten Behandlungen haben oder aus anderen Gründen die Inst itutionen nicht aufsuchen.3
1 Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH, www.osar.ch/country-of-origin. 2 WHO, The WHO MIND Project, The Gambia, Situational Analysis, ohne Datum,
www.who.int/mental_health/policy/country/thegambia/en/index.html .
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Die Infrastruktur bezüglich psychiatrischer Versorgung ist äusserst begrenzt . Es gibt eine psychiatrische Abteilung im Royal Victoria Teaching Hospital, wo ein Raum zur ambulanten Behandlung von Patienten zur Verfügung steht. Pro Tag werden zwi-schen 20 bis 30 Patienten behandelt. Alle Patienten, die später stationär behandelt werden, werden vom Royal Teaching Hospital zugewiesen. 4 Die Campana Psychi-atric Unit in Banjul, die administrativ dem Royal Victoria Teaching Hospital unterg e-ordnet ist, bietet die einzige Möglichkeit in Gambia zu stationärer Behandlung von psychischen Erkrankungen. Diese ist jedoch isoliert, schwer zu erreichen , und die Bedingungen sind gemäss WHO schlecht.5
Die einzigen ausgebildeten Fachkräfte im psychiatrischen Bereich arbeiten im Cam-pana Psychiatric Unit und im Royal Victoria Teaching Hospital. Gemäss WHO gab es im April 2007 zwei Psychiater in Gambia, das heisst 0.08 pro 100‘000 Einwohner. Im Vergleich dazu gibt es in der Schweiz einen niedergelassenen Psychi ater pro 5000 Einwohner.6 Dazu gibt es in Gambia insgesamt noch zwei weitere Personen, die eine Pflegeausbildung im psychiatrischen Bereich h aben.7
Auf primärer und sekundärer Ebene arbeitet kein spezifisch ausgebildetes Pers onal im psychiatrischen Bereich. So ist die Nachbehandlung mit Medikament äu sserst schwierig, nicht nur wegen dem fehlenden Fachwissen, sondern auch, weil der Zu-gang zu den Medikamenten nicht immer gewährleistet ist.8
Seit einigen Jahren fördert das «Department of State for Health and Social W elf are» die Zusammenarbeit mit traditionellen Heiler n auf lokaler Ebene. Zwölf Heiler erhiel-ten eine psychiatrische Basisausbildung, sie können Medikamente verabreichen und sollen die Gemeinschaft im Umgang mit psychisch Kranken sensibilisieren. 9 Die Dis-kriminierung von psychisch Kranken in Gambia ist gross. Aufgrund des fehlenden Fachwissens und der geringen Sensibilisi erung der Bevölkerung können psychische Störungen oft nicht diagnostiziert werden, und sie werden mit dem W alten überna-türlicher Kräfte, Hexerei oder mit «moralischer Schwäche» erklärt.10
Die momentane gesetzliche Verordnung zu r psychiatrischen Gesundheitsversorgung stammt aus dem Jahr 1942 (Suspected Lunatic Act), ist veraltet und schützt die Rechte der psychisch erkrankten Menschen nicht. 11 Im Jahr 2003 wurde Gambia von der «African Commission on Human Rights» wegen mutmasslichen Menschen-rechtsverletzungen von psychisch erkrankten Menschen an der Campana Psychi-atric Unit vorgeladen. Der gambischen Regierung wurde unter anderem vorgewo r-fen, psychisch Kranke hätten nicht genügend Möglichkeiten zu medizinischer Ver-
4 WHO, Mental Improvement for Nations Development (MIND), Republic of the Gambia, Effective and
Human Mental Health Treatment and Care for All, 11. April 2007, www.who.int/mental_health/policy/country/GambiaSummary_11April2007Formatted.pdf .
5 WHO, The WHO MIND Project, The Gambia, Situational Analysis, ohne Datum. 6 Schweizerische Ärztezeitung/Bulletin des médecins suisses/Bollettino dei medici svizzeri, 2003; 84:
Nr 35, H. D. Brenner, W. Rössler, U. Fromm , Die moderne evidenzbasierte psychiatrische Versor-gung: W elchen Weg nimmt die institutionelle Schweizer Psychiatrie? www.arud.ch/fachbeitraege/psychiatrie/SAEZ_evidenzbas_psych_versorg.pdf .
7 WHO, Mental Improvement for Nations Development (MIND), Republic of the Gambia, 11. April
8 Ebd. 9 Ebd. 10 Ebd. 11 WHO, The WHO MIND Project, The Gambia, Situational Analysis, ohne Datum.
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sorgung und es sei kein Schutz für psychisch Erkrankte gegeben. 12 In der Folge be-gann das «Department of State f or Health and Social Welfare» mit Unterstü tzung der WHO mit der Ausarbeitung einer neuen Mental Health Policy.
Es gibt kein spezielles Budget zur Behandlung von psychischen E rkrankungen, die einzigen staatlichen Gelder gehen an die psychiatrische Abteilung der Campana Psychiatric Unit. 13 Obdachlose und alte Menschen erhalten eine Sozialversich erung, Menschen mit psychischen Störungen sind davon ausgeschlossen. 14 Doch gemäss WHO erhalten Menschen mit einer psychischen Störung eine Invalidenre nte.15
Behandlung paranoider Schizophrenie
1. W ie lässt sich eine paranoide Schizophrenie (ICD -10: F20.0) und Störungen
durch Cannabinoide (ICD-10: F12.1) in Gambia behandeln?
2. Sind die folgenden Medikamente in Gambia erhältlich: Haldol, Valium, Zypre-
xa, Velotab, Akineton, Tem esta Expidet?
Gemäss einer telefonischen Auskunft des Royal Victoria Teaching Hospitals ist die ambulante und stationäre Behandlung bei Schizophrenie möglich und kostenlos. Die Medikamente, die zur Verfügung stehen , sind Haldol, Akineton und Diazepam. 16 Gemäss dem Mental Health Atlas von WHO sind die folgenden Medikamente meis-tens erhältlich: Carbamazepine, Phenobarbital, Pheny toin, Sodium, Amitriptyline, Chlorpromazine, Diazepam, Fluphenazine, Haloperidol, Biperiden. Die Medikame nte seien nicht immer auf der primären Ebene, aber immer auf der sekundären und tert i-ären Ebene erhältlich.
Doch wie oben beschrieben, stimmt die Praxis bei weitem nicht mi t der Theorie überein. Der Zugang zu psychiatrischer Versorgung ist beschränkt und die Ausbi l-dung des behandelnden Personals dürftig. Auch die Weiterversorgung ausserhalb des stationären Bereiches kann nicht gewährleistet werden. Die soziale Stigmatisi e-rung von psychisch erkrankten Personen ist ein weiteres Problem, womit gerechnet werden muss. In diesem Sinne hängt die Situation eines psychisch Kranken in Ga m-bia sehr von seinem sozialen Umfeld und den persönlichen Verhältnissen ab.
SFH-Publikationen zu Gambia und anderen Herkunftsländern von Flüchtlingen fi nden Sie unter www.fluechtlingshilfe.ch / Länder / Publikat ionen
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12 ESCR-Net, Purohit and Moore v. The Gambia. Cited as: Communication No. 241/2001, Sixteenth
Activity report 2002-2003, Annex VII, www.escr-net.org/caselaw/caselaw_show.htm?doc_id=401249 .
13 WHO, The WHO MIND Project, The Gambia, Situational Analysis, ohne Datum. 14 WHO, Mental Improvement for Nations Development (MIND), Republic of the Gambia, 11. April
15 WHO, Mental Health Atlas, Gambia, 2005,
www.who.int/mental_health/evidence/atlas/profiles_countries_e_i.pdf .
16 Telefonische Auskunft des RVTH vom 30. Juni 2008.
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Splurge - Volume 6 Issue 3 (March 2011) Article by: Joseph P. Galichia, MD, FACC Interventional Cardiologist Galichia Medical Group, PA 316-684-3838 / 800-657-7250 www.galichia.com In clinical practice al over the country, physicians have seen an alarming increase in the number of MRSAcases coming into our exam rooms and emergency rooms. The conventional thinking is that certainpopulations
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