KOMPLEXES REGIONALES SCHMERZSYNDROM (CRPS 1 und 2) Bernhard Stengg, Christine Prager, Kurt Ammer
Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation im Donauspital, 1220 Wien
Ludwig Boltzmann Forschungsstelle für Physikalische Diagnostik, 1140 Wien
EinleitungZiel dieses Überblicks ist die Erarbeitung eines Praxis
· trophische Störungen: eher später im Verlauf, ver-
orientierten diagnostisch-therapeutischen Leitfadens
ändertes Nägel-, Haarwachstum, Hautverändeun-
zur Behandlung des CRPS. Ein Schwerpunkz ist die
Früherkennung von Symptomen, die mit einem CRPS
3. Klinische Zeichen: Für die Diagnose eines CRPS
in Einklang stehen, um so rasch wie möglich mit einer
müssen folgende derzeit von der IASP geforderte Kri-
symptomorientierten Therapie beginnen zu können.
terien erfüllt werden: Zumindest ein klinisches Zei-
Definition / Klassifikation nach IASP (1).
chen in zwei oder mehreren der folgenden Kategorien:·
Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS) sensorisch: Hyperalgesie auf thermische und me- chanische Reize, Allodynie
ist durch regionale, persistierender Schmerzen, meist ei-nem traumatischem Ereignis folgend, mit sensori-
· vasomotorisch: objektivierbare Veränderungen der
schen, vaso-, sudomotorischen, motorischen und tro-
Hauttemperatur, Hautfarbe, objektivierbare Schwel-
phischen Veränderungen gekennzeichnet. Die Ver-
änderungen übersteigen in Intensität, Dauer und Ver-
· sudomotorisch: s. Anamnese
teilung das auslösende Ereignis. Die Verteilung ist dis-
· motorisch: s. Anamnese
tal betont mit der Tendenz zur Ausbreitung nach pro-ximal bis hin zur Beteiligung des gesamten Quadran-
· trophische Störungen: s. Anamnese
ten. Typ 1 (früher Sudeck) kann u.a. einem Traumaohne Verletzung eines Nerven, einem Herzinfarkt,
Schlag- anfall, Immobilisierung folge. Beim Typ 2
Als Bestätigung der klinischen Symptome; folgende
(früher Kausalgie) gibt es in der Anamnese eine defi-
nierte, objektivierbare Nervenläsion vor Auftreten derSymptomatik.
1.Temperaturmessung: regionale Seit-zu-Seitunter- schiede von mehr als 1° gelten als typisch für das
CRPS. Die Temperaturmessung ist von der Mess- me-
1.Persistierender regionaler Schmerz,
thode (Kontaktmessung, Infrarotmessung punkt- för-
der dysproportional stark und lang zum auslösenden
mig oder über eine definierte Fläche) und von den
2.Bildgebende Verfahren: Nativröntgen, Kernspin-
2. Anamnestisch zumindest ein Symptom in jeder der
folgenden Kategorien: · sensorisch (bei ca. 70%): Missempfindung
3.3-Phasen-Szintigraphie: regionale Traceranreiche-
rung mit gelenksnaher Verteilung, hohe Sensitivität
vasomotorisch: Hauttemperatur mit Seitendiffe-
besonders in den ersten Monaten der Erkrankung.
renzen zwischen Extremitäten (bei ca. 80%), Haut-farbe, Schwellung
Kann bei Patienten mit Schlaganfall der klinischen Ma-
nifestation um Wochen vorausgehen (3). sudomotorisch: veränderte Schweißsekretion
· Störungen der motorischen Funktion: Bewegungs-
4.Nervenleitgeschwindigkeit: zum Nachweis einer
ÖZPMR, Österr. Z. Phys. Med .Rehabil 13/2 (2003)
Vasokonstriktion zur Folge (8).Weiterhin kommt esbei einer Nervenverletzung zu einer vermehrten Aus-
6.Quantitative sensorische Teste und sudomotori-
sprossung von sympathischen Fasern im Spinalgan-
sche Teste: speziellen Zentren vorbehalten
glion.Dadurch entsteht eine pathologische Koppe-lung zwischen Sympathikus und somatosensiblen
System mit der Folge einer verstärkten peripheren
Erkrankungen, die mit Schwellungen bzw. Lymph-
und zentralen Sensibilisierung (9 ). Bei Beteiligung
ödemen einhergehen, Erkrankungen des rheumati-
des Sympathikus an der Aufrechterhaltung des Schmerz-
schen Formenkreises, Knochenmarksödem, Osteo-
geschehens wurde die Funktion des nozizeptiv- spi-
porosis migrans, Malignome, lokale Entzündungen
nalen Reflexbogens mit der Existenz multizeptiver “wide-dynamic-range (WDR)”-Neuronen in der Sub-
stantia gelatinosa des zuigeordneten Spinalsegmentes
Der zugrundeliegende Pathomechanismus des CRPs
begründet (10). Neugebildete Ab-Fasern wachsen dabei
ist nach wie vor nicht endgültig geklärt. Es wird an-
in die Lamina II des Hinterhorns ein und interagieren
genommen, dass ein initiales Trauma zu einer un-
mit Neuronen, die normalerweise nozizeptive Infor-
physiologischen Aktivierung nozizeptiver Afferenzen
mation von C-Fasern bekommen. Dieses “Sprouting”
führt. Dies hat eine erhöhte Spontanaktivität und ver-
ermöglicht der lamina II nun auch die Aufnahme von
stärkte Reaktion auf polymodale Reize zur Folge. Die
nicht schmerzahften Stimuli, die in weiterer Folge als
sich dabei entwicklende periphere Sensibilisierung führt
schmerzhaft fehlinterpretiert werden können und zum
durch Freisetzung vasoaktiver Substanzen ( vor allem
klinischen Symptom der Allodynie führen. Beim CRPS
Subtanz P –SP- und Calcitonin Gene Related Peptide
kommt bis zu 80% der Fälle ein sympathisch unter-
– CGRP) zu einer primären Hyperalgesie besonders
gegenüber Hitzereizen im verletzten Areal (4). Die beilängerem Schmerzeinstrom veränderte Erregungsüber-
tragung an glutaminergen Synypsen über NMDA- Re-
Die frühe Intervention ist maßgeblich für den Erfolg.
zeptoren führt zu einer zentralen Sensibilisierung der
Besonders die physikalischen Maßnahmen orientieren
Neurone. Bereits im Rahmen der peripheren Sensi-
sich an in diversen Konsensuspapieren immer am
bilisierung kommt es zu einer erhöhten Expression
postulierten stadienhaften Ablauf der CRPS. Dabei
von SP und CGRP in den Ab-Faseren. Diese Neuro-
dominiert in Stadium I primär die Bekämpfung von
transmitter, die für die zentrale Sensibilisierung essen-
Schmerz und sensorischen Phänomenen, Zeichen von
tiell sind, weden normalerweise nur von C und Ad-
vasomotorischen und sudomotorischen Fehlfunktionen
Fasern produziert. Über diesen Weg können aber auch
und prominenten Schwellungen. Im Stadium II, das 3-6Monate nach Beginn stattfindet steht die Schmerz-
nicht schmerzhafte Stimuli über eine Ab-Faser- Akti-
bekämpfung ganz massiv im Vordergrund sowie vaso-
vierung zur zentralen Sensibilisierung beitragen. Die
motorische Phänomene und zunehmende motorisch-
zenrale Sensibilisierung ist prinzipiell reversibel und
trophische Störungen. Das III. Stadium ist charakteri-
benötigt zur Aufrechterhaltung eine kontinuierliche
siert durch abnehmende Schmerz-Sensibilitätsstörung
nozizeptive-C-Faseraktivität. Dieser liegt beim sympa-
und ausgeprägten, zunehmenden motorischen und
thischunterhaltenem neuropathischen Schmerz eine
trophischen Funktionsstörungen (12, 13).
Ephapsenbildung zwischen nozizeptiven Afferenzenund sympathischen Efferenzen zugrunde (sym- pa-
Eine kürzlich veröffentlichte Studie unterstützt diese
thisch-afferente Koppelung). Dabei wird die Sensibili-
Theorie jedoch nicht: es wurde keine signifikanten
tät der nozizeptiven Afferenzen auf zirkulierende
Unterschiede bezüglich der Dauer von CRPS, keine
Katecholamine erhöht, außerdem kommt es dort zur
Unterschied zwi schen Schmerzdauer der einzelnen
vermehrten Exprimierung von a-adrenergen Re zep-
Stadien gefunden (14). Im 3. Stadium war der Schmerz
toren (5). Diese Vorgänge setzen die Erregungsschwelle
deutlich geringer als im Stadium 2, dafür war die mo-
peripherer Nozizeptoren herab. Die Messung von
torisch-trophische Komponente umso dominanter.
Katcholaminen und ihren Metaboliten im venösen
Auch die Vermutung, dass die motorischen Defizite
Blut zeigen in der betroffenen Extremität sogar ver-
im Stadium II größer sind als im Stadium I haben sich
minderte Werte (6 ). Es besteht also bei Patienten mit
nicht bestätigt Es wurde empfohlen, eine mehr funk-
sympathisch unterhaltenem Schmerz (SMP) keine
tionelle Unterteilung vorzunehmen: ein vornehmlich
Hyperaktivität der sympathischen Efferenzen (7).
mit vasomotorischen Störungen einhergehendes, limi-
Die pathologisch veränderte Funktion der C-Fasern
tiertes Stadium I, ein Stadium II, das von neuro-
und der assoziierten Gefäße haben eine verstärkte
pathischem Schmerz und massiven Sensibiltätsstörun-
gen dominiert wird und ein florides Stadium III („klassi-
· Am Beginn milde Hautstimulation und langsame
scher Sudeck“), in dem besonders die motorischen-
rhythmischen Bewegungen, aktiv unterstütztes
trophischen Störungen mehr als doppelt so häufig
Training, zum Beispiel PNF- Techniken (23) - dann
vorkommen als in den ersten beiden Stadien. Die
aktives Training mit zunehmender Belastung (24).
durchschnittliche Dauer der subjektiven Beschwerden
· In der Spätphase, wenn die Einsteifung der Gelen-
ke im Vordergrund steht, sind auch manuelle Tech-niken zur Mobilisierung erlaubt. Therapeutische Optionen
· Qigong Übungen, 40 min.2 x proTag führten zu ei-
Prinzipiell werden evidence-gestützte (16, 17, 18), auf
ner signifikanten funktionellen Verbesserung und
einer Rationalen beruhende (19,20) und empirisch er-
Schmerzreduktion bei Patienten mit CRPS in der
probte Therapie ansätze unterschieden. Auf die Be-
späten Phase im Vergleich zu einer Kontrollgruppe(25).
handlungsverfahren bezogen, kann man über physika-lische Therapie, medikamentöse und psychologische
Behand- lungen sowie regional-anästhetische Tech-
Die Inhalte der Ergotherapie beim CRPS werden in
den Arbeiten von Oerlemans (26, 27) wie folgt be-schrieben:
Physikalische Therapie(je nach Krankheitsstadium)
· Lagerung, eventuell Schienenversorgung, wenn vom
Alle Publikationen bestätigen die Wichtigkeit der
physikalischen Therapie beim CRPS (9,19,21). Selbst-
· Desensibilisierung mit verschiedenen taktilen Ma-
verständlich muss die Therapie dem Krankheitssta-
terialien ( Linsenbad, sanfte Bürstungen.)
· Funktionswiederherstellung der betroffenen Ex-
Die Behandlung folgt einem Algoritmus, in dem nach
tremität eingebaut im Alltagsaktivitäten
jeweils 2-3 Wochen ein signifikante Besserung zu sehen
· Selbständigkeitstraining in den Aktivitäten des täg-
sein muss, da die sonst nächste agressivere Therapie-o
ption gewählt werden muss (21). Die erste Phase
Eine weitere ergotherapeutische Behandlungsmethode,
konzentriert sich hauptsächlich. auf die Überzeugung
die beim CRPS häufig eingesetzt wird, ist das „Stress
des Patienten für die Steigerung der Compliance, der
Loading Program“: Dieses beinhaltet aktive Übungen,
zweite Schritt umfaßt Motivation, Mobilisierung und
die den Einsatz der betroffenen Extremität mit zu-
Desensibilisierung. Entsprechend dem Verlauf wer-
nehmender Belastung mit minimaler gleichzeitiger Ge-
den am Beginn Schmerzreduktion, abschwellende Maß-
lenksbewegung erfordern (28). Die beiden wesent-l
nahmen und Erhaltung der Mobilität der betroffenen
ichen Übungen sind „Scrubbing“ and „carrying”.
Extremität im Vordergrund stehen. In späteren Stadiendagegen werden neben der Schmerzreduktion die Funk-
tionswiederherstellung (Beseitigung von Kontraktu-
Der Wert dieser Maßnahmen wird widersprüchlich
ren, Versbesserung der Muskelkraft usw.) und Ein-
diskutiert. Baron und Mitarbeiter (9) sehen den Wert in
gliederung in den Alltagsprozess Therapieziele sein.
der Prophylaxe von Kontrakturen und in späten Sta-
Von Beginn an ist die Schulung der Patienten ein
wichtiger Teil der Therapie. Dazu gehört Information,
Aufforderung die betroffene Extremität aktiv zu ge-
Bei sehr schmerzhaften Schwellungen kann die ma-
brauchen und Selbstverantwortung zu übernehmen.
nuelle Lypmphdrainage sowohl zur Schmerz- als auch
Entsprechend der Multimodalität der Schmerzen und
zur Ödemreduktion eingesetzt werden.
seiner Auswirkungen auf alle Dimensionen des ICF
In einer prospektiv randomisierten Studie, in der eine
(22) erfordert das CRPS ein strukturiertes, individuelles
Gruppe von CRPS- Patienten Lymphdrainage und
und stadiengerecht angepasstes Rehabilitationspro-
Bewegungstherapie und eine Bewegungstherapie alleine
erhielt, konnte kein zusätzlicher Effekt durch Lymph-drainage gefunden werden (29).
Wichtig ist, dass das Übungsprogramm nie aggressiv
ist und in seiner Dosierung kontinuierlich angepasst
Kühle Kohlensäurebäder (28- 32°) für 10- 20 Minuten
wird- keinesfalls dürfen dabei vermehrt Schmerzen
haben eine analgetische Wirkung und einen guten
antiödematösen Effek beim CRPS (30).
ÖZPMR, Österr. Z. Phys. Med .Rehabil 13/2 (2003)
(35), welche die Wirksamkeit stützen. In dieser Arbeit
Klinische Studien zur Kryo- oder Thermotherapie bei
wurden bei 18 von 35 Patienten sehr gute oder gute Ef-
CRPS liegen mit Ausnahme einer Unter- suchung zur
fekte bei der Nachuntersuchung 10 bis 36 Monate spä-
Hochvoltbehandlung mit oder ohne Kryotherapie (31)
nicht vor. Es wurden jedoch theoretische Überlegun-gen zum therapeutischen Einsatz thermischer Maß-
Gelegentlich wurde eine Symptomverstärkung nachElektrotherapie berichtet. 2 von 4 Patienten mit CRPS
Die Abhängigkeit der zu wählenden Thermotherapie
in Stadium I boten eine klinische Verschlechterung
von der aktuellen Hauttemperatur des Patienten ist
nach Behandlung mit aufsteigender Galvanisation plus
kaum umgesetzt. Immerhin wird in den frühen Stadien
Langzeitkryotherapie plus Heilgymnastik plus Lymph-
der Erkrankung, die üblicherweise eine Überwärmung
der betroffenen Region zeigt, milde Kältetherapie em-pfohlen (9). Eine Schmerzreduktion kann mit Kryo-
Unterschiedliche Veränderungen in der 3 Phasenszinti-
therapie insbesondere mit milder grossflächiger Küh-
graphie wurde nach eine galvanischen Probebehand-
lung mit langsamen Abkühleffekt z. B. in Form von
lung beschrieben (36). Leider wurde in dieser Arbeit
Umschlägen mit Wasser erreicht werden. Eis und Ei-
nicht beschrieben, ob Patienten mit Aktivitätsanstieg
spackungen, die die Gewebstemperatur aggressiver
bzw. Aktivitätsabfall nach Galvanisation unter schied-
absenken, sollten vermieden werden, da es zu einer re-
liche klinische Symptome zeigen. Trotzdem wurde
flektorischen Vasodilatation mit Schmerz- und Ödem-
diese Merkmal dazu benutzt, in einer vergleichenden
Studie, nur jene Patienten mit Galvanisation zu thera-pieren, die nach der Probebehandlung eine Aktivitäts-
Eine Kontraindikation zur Eisbehandlung entbehrt in
minderung gezeigt hatten (37). Die Studie fand keinen
ihrer Absolutheit eine ausreichende Begründung. Es
signifikanten Unterschied zwischen Gymnastik plus
gilt jedoch derzeit als Therapieprinzip, dass möglicher-
Kryotherapie und Gymnastik plus Kryotherapie und
weise sowohl zu geringe als uch zu deutliche Reize den
Galvanisation. Eine signifikante Verringerung von
Heilungsverlauf verzögern (9). Eine Stützung dieser
Schwellung, Schmerz, Hypertrichose, und Überwär-
Ansicht durch epidemiologische Daten fehlt jedoch.
mung sowie Verbesserung der Beweglichkeit wurde inin beiden Gruppen erzielt.
Wärmeunverträglichkeit ist ein häufiges Symptom beiPatienten mit CRPS. Wärme kann bei manchen ent-
zündlichen Prozessen das Ausmaß der Schwellung
Zu dieser Therapieeform liegen 2 Fallserien (31,3 8)
fördern. Daher sollten Wärmeapplikationen in der
und Daten einer vergleichenden Untersuchung über
den Effekt von Hochvoltherapie mit und ohne Kryo-
Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Physi-
In einer retrospektiv ausgewerteten Fallserie erzielten
kalische Medizin und Rehabilitation zur Behandlung
23 von 29 Patienten mit M.Sudeck und 25 von 29
beim Komplexen Regionalen Schmerzsyndrom (33)
Patienten mit algodystrophen Weichteilödemen nach
empfiehlt versuchsweise Elektrotherapie mit nieder-
galvanischer Hochvoltbehandlung. eine Symptom-
frequenten Strömen (diadynamische Ströme, Ultra-
reizstrom, insbesondere wenn heftige lokale Schmer-zen vorherrschen. Außerdem wird die transkutane
In einer weiteren Fallserie wurden 25 Patienten mit
elektrische Nervenstimulation (Minimum: 2 - 3 mal tgl.
M.Sudeck mit galvanischer Hochvolttherapie und
20 Minuten; optimal über längere Zeiträume, z. B. über
Krankengymnastik 5mal/Woche insgesamt 4 Wochen
lang behandelt (38) . 7 Patienten erhielten zusätzlich2 Wochen lang humanes Calcitonin s.c. und 2 Patien-
In einem rezenten Überblicksarbeit zum CRPS wer.
ten eine Querdurchflutung des Ganglion stellatums
den die Elektrotherapie und Thermotherapien nicht
mit Impulsgalvanisation 50/70. 2 Patienten waren
nach 10 Behandlungen beschwerdefrei, bei den ver-
bliebenen 23 Personen kam es zu einer im Vergleich
Qualitative hochwertige Daten, die Empfehlungen
zur Ausgangssituation signifikanten Verminderung
zur TENS Therapie stützen, liegen nicht vor. Es fin-
der Seitendifferenz der Hauttemperatur, des Schmerzes,
den sich lediglich Fallberichte und eine einzige Fall serie
Kein signifikanter Unterschied fand sich bei Patienten
mazepin oder Gabapentin. Zentrale Schmerzhemmer
mit algodystrophen Ödemen die entweder mit Hoch-
wie die Opiate und Calcitonin haben positive Effekte.
voltbehandlung oder einer lokalen Kryotherapie plus
Der Einsatz von Sympathikolytika wird im Abschnitt
Hochvoltstimulation behandelt worden waren (31).
regional-anästhetische Techniken besprochen.
8 von 14 Patienten erzielten nach der Monotherapie
mit galvanischer Hochvoltstimulation eine zumindest
Klinische Studien zur Wirksamkeit der NSAR beim
25 perzentige Schmerzreduktion, bei 4 Patienten ver-
CRPS existieren nicht. Ähnlich wie beim neuropathi-
änderten sich die Schmerzen nicht (Reduktion des
schem Schmerz wird auf Grund von Studien bei der
Ausgangswertes 0 bis 25%), 2 Patienten gaben eine
Arthritis und wegen des ähnlichen Wirkmechanismus
Schmerzverstärkung an. 8 Patienten boten nach der
der Kortikosteroide(19)eine Wirksamkeit postuliert.
Therapie eine Abschwellung von mehr als 50%, bei 3Patienten war die Volumensreduktion maximal 50%
und 4 Patienten zeigten eine Volumensvermehrung .
Kortikosteroide galten bis in die Mitte der siebzigerJahre als die Pharamakotherapie der Wahl beim Mor-
In der Gruppe mit Hochvolt und Kryotherapie er-
bus Sudeck (39). In der Literatur finden sich sich zwei
zielten 9 von 15 Patienten eine Schmerzreduktion von
randomisierte Studien, die beide eine Überlegenheit
mehr als 25%, 3 Patienten reduzierten die Schmerzen
gegenüber Plazebo nachweisen. Die eingesetzten Do-
maximal um 25% und bei 3 Patienten kam es zu einer
sen waren mit 30mg Prednison/tgl durch 12 Wochen
Schmerzverstärkung. In der Kombinationsbehandlung
(40), bzw. 32mg Methylprednisolon durch 2 Wochen
kam es bei 10 Patienten zu einer Schwellungsminde-
und dann Abbau auf 0 mg jedoch beträchtlich (41).
rung von mehr als 50%, eine Verminderung zwischen0 und 50% fand sich bei 3 Patienten und 1 Patient bot
nach Therapie eine verstärkte Schwellung.
Calcitonin kann entweder subcutan gespritzt oder per
Medikamentöse Therapie
Nasen spray appliziert werden. Obwohl die Substanzseit 1978 zur Behandlung des Morbus Sudeck einge-
Es existieren 3 systematische Reviews, die über die
setzt wird (39), finden sich in der Literatur nur 3
Evidenz der Wirksamkeit der vorwiegend medika-
randomisierte Studien zu ihrer Wirksamkeit. Dabei
mentösen Therapie Auskunft geben. Zielsymptome
wurde ein mäßiger analgesierender Effekt bestätigt,
einer medikamentösen Therapie sind die regionale
eine signifinanteÜberlegenheit gegenüber Plazebo
Entzündung, der Reiz-abhängige und der Reiz-un-
wurde nur in einer von zwei placebokontrollierten
Studien gefunden (16). Die Wirksamkeit von 100Utäglich subkutan verabreichtem Calcitonin durch 3
Für die Reduktion der Entzündung stehen nicht
Wochen war zu den Effekten einer physikalischen
steroidale Antirheumatika (NSAR), Kortikosteroide
Therapie über den gleichen Zeitraum nicht signifikant
und Radikalenfänger wie Dimethyl-sulphoxide (DMSO)
beruht auch die Wirksamkeit von Biphosphonaten
Zwei Studien untersuchten den Einfluß von Calci-
auf einem entzündungshemmenden Effekt.
tonin auf das Ergebnis der 3-Phasenszintigraphie imVergleich zu Indomethazin (43) bzw. Naproxen (44).
Beim Reiz-abhängigen Schmerz wird als verur sa-
In beiden Untersuchungen zeigte Calcitonin grössere
chen- der Pathomechanismus eine Beteiligung von
NMDA- Rezeptoren in der Entwicklung der zentralenSensibilisierung vermutet. Als NMDA Anatagonisten
stehen Ketamin und Adamantin zur Verfügung.
Patienten, die mit DMSO-Salbe behandelt worden
Der Reiz-unabhängige Schmerz wird mit der peri-
waren, zeigten signifikant weniger Entzündungsschmer-
pheren Sensibilisierung in Verbindung gebracht. Zur
zen als die mit einer Plazebosalbe behandelten Kon-
Modifikation diese Schmerzes bieten sich eine Reihe
trollpatienten (45). Die Schmerzreduktion wurde je-
von Phamaka an, wobei vielfach die Erfahrungen in
doch nicht statitisch signifikant erzielt
der Behandlung des neuropathischen Schmerzes ana-log auf das CRPS angewendet werden. Zur Diskus-
sion stehen Ionenkanalblocker wie die trizyklischen
Patienten, die nach eine Radiusfraktur erlitten hatten
Antidepressiva, die selektiven Serotonin-Uptake-In-
und deswegen konservativ mit Ruhigstellung mittels
hibitoren und Antiepileptika wie Phenytoin, Carba-
Gipsschiene behandelt worden waren, erhielten nach
ÖZPMR, Österr. Z. Phys. Med .Rehabil 13/2 (2003)
randomisierter Zuteilung entweder 50 Tage lang täg-
Bei einer eindeutigen Wirkung eines Sympathikus-
lich 500mg Vitamin C oder Placebo. Die Häufigkeit
blocks mit einem Lokalanästhetikum ist die länger-
eines CRPS betrug in der Verumgruppe 7,4% und
fristige Ausschaltung des betreffenden Ganglions mit
Phenol oder Alkohol in Erwägung zu ziehen.
Zu dieser Substanzgruppe finden sich zwei rando-
misierte kontrolliertre Studien. Die Infusion von 7,5mg
Intravenöse Blockaden erfogen mit Guanethidin,
Alendronate durch 3 Tage reduzierteSchmerz, Schwe-
Reserpin, Ketanserin, Bretylium bei SMP nach Han-
llung und Bewegunseinschränkung signifikant deut-
nington-Kiff unter Anwendung der Bierschen Tech-
licher als Plazebo (47). Die intravenöse Gabe von
nik (52). Bei Betrachtung der vorliegenden kontrol-
300m Clodronate täglich durch 10 Tage reduzierte den
lierten Studien ist die Wirksamkeit von Guanethidin
Schmerz signifikant besser als eine Plazeboinfusion
jedoch keineswegs gesichert. Von 4 placebokon- trol-
(48). Beide Studien stützen den therapeutischen Effekt
lierten Studien ergab nur eine einen signifikanten
von intrravenösen Diphosphonaten bei Patienten mit
Vorteil für Guanethidin. In dieser placebokontrollier-
ten Studie wurde vergleichend die Wirksamkeit vonKochsalzlösung, Reserpin oder Guanethidinblocka-
Regional-Anästhetische Techniken
den untersucht (53). Unter Berücksichtigung metho-
Das Zie ist gemeinsam mit einer pharmakologischer
discher Mängel zeigte die Guanethidingruppe bei
Intervention die Schmerzreduktion, um eine funk-
60% der Patienten einen Erfolg. Zuvor hatten aber alle
tionelle Restauration so schnell wie möglich zu unter-
Patienten auf eine analgetisch wirksame Grenzstrang-
blockade positiv reagiert. Die diagnostische Sensiti-vität einer Guanethidinblockade zur Diagnose eines SMP
liegt daher nur bei ca. 57%. Als Erklärung könnte dafür
Bei Beteiligung des Sympathicus an Aufrechterhaltung
in Frage kommen, dass Guanethidin nur jene Schmer-
des Schmerzgeschehens begründet Roberts (10) die
zen senkt, die auf einer peripheren Interaktion zwi-
Funktion des nozizeptiv-spinalen Reflexbogens mit der
schen Sympathikus und dem sensiblen System beruht.
Existenz multizeptiver „wide-dynamic-range“ (WDR)-
Es gibt Hinweise, dass der analgetische Effekt der
Neuronen in der Substantia gelatinosa des zugeord-
intravenösen regionalen Sympathikolyse (IVRS) nicht
neten Spinalsegments. Diese Schaltneuronen können
durch nozizeptive Signale aus der Peripherie aktiviert
renalin-Wiederaufnahme beruht, sondern auch auf
werden und direkt sympathische Efferenzen auslösen.
einer ischämischen oder kompressionsbedingten Blo-
Diese wiederum setzen die Erregungsschwelle peri-pherer Nozizeptoren herab. Gestörte C-Fasern und
assoziierte Gefäße entwickeln eine Hypersensibilitätauf zirkulierende Katecholamine, was zu einer ver-
Ganglionäre lokale Opioidanalgesie (GLOA)
stärkten Vasokonstriktion führt (8 ). Es besteht kein
GLOA wird mit niedrig dosiertem Morphin, Fentanyl,
Hinweis auf eine gesteigerte Sympathikusaktivität.
Sufentanil, Bupre norphin durchgeführt. Eine pro-spektiv randomisierte Studie verglich Stellatum-
blockaden mit GLOA (54 ). Die Anzahl der Responder
Blockaden am Ganglion cervicale inferius (Stellatum)
unter GLOA-Therapie war signifikant höher. Außer-
und im LWS-Bereich lumbale Sympathicusblockaden
dem bestand eine signifikant stärkere Analgesie, be-
auf Höhe L2-4 mit Lokalanästhetika können immer
sonders bei längerem Meßzeitraum. In der Nach-
noch als die Referenzmethode bezeichnet werden, um
beobachtung zeigte sich zwar eine relative Besserung,
einen sympathisch unterhaltenen Schmerz zu diagnosti-
auf Dauer wurde aber kein Patient schmerzfrei. Nach
zieren (49). In einer kontrollierten, prospektiven Studie
dem Intention-to-treat Prinzip ergab sich eine An-
zum Vergleich zwischen Grenzstrangblockade und
sprechrate von ca. 38%, was in der Größenordnung
Guanethidinblockaden verringerte sich die Schmerz-
der herkömmlichen Sympathicusblockaden lag. Der
intensität nach beiden Methoden, aber es fand sich
Vorteil einer GLOA liegt in einer initial besseren und
kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen.
etwas längeren Analgesie und bei längerer Schmerz-
Die Guanethidinblockade hielt jedoch länger an (50). .
anamnese einer besseren Wirksamkeit. Insgesamt je-
Eine andere vergleichende Studie zeigte einen ein-
doch zeigen sich in etwa die gleichen Ansprechraten
deutigen Benefit von sympathischen Ganglienblocka-
wie bei Standardblockaden mit einem Lokalanästhe-
den im Vergleich zu Placebo bei CRPS-Patienten (51).
rende psychische Störungen in Kombination mit dem
Schmerz das typische Psychogramm eines chronischen
Schmerzpatienten ergeben (typischer Weise mit De-
dislokation und eine Infektion. Diese Technik ist für
pression, Angst, Hoffnungslosigkeit, Agression auf
die ersten 6 Wochen besonders bei schnell ver laufen-
medizinsches System,.) oder ob die psychischen Ver-
den Fällen sinnvoll, bis die Medikamente voll greifen
änderungen als sekundäre Konsequenz auf die chroni-
(55). Zentrale neurale Infusionen in den zervikalen
schen Schmerzen zu werten sind. Schmerzpatienten
oder lumbalen Epiduralraum sind in der Lage, den
mit CRPS zeigen aber geringere psychische Alteratio-
Grad der Allodynie, des Dauerschmerzes und des
nen und bessere Copingstrategien als vergleichbare
Schmerzes während der Durchführung von Beweg-
chronische Schmerzpatienten anderer Genesen.
· Entspannungsmethoden: Progressive Muskelrela-
Epidurale Applikation von Bupivacain, Clonidin (al-
xation nach Jacobson, Biofeedback (auch für
pha-2 Adrenozeptoragonist), oder Opiaten führt in
Muskeltonusreduktion, Temperaturkontrolle), An-
den meisten Fällen zu einer ausreichenden Schmerz-
leitung zur Selbsthypnose, Autogenes Training,
linderung. Eine strenge Asepsis ist notwendig, da die
· Antidepressiva:beirelevanterDepression(überBeck-
Plazierung des Katheters als kleiner chirurgischer Ein-
Inventar, Klinische Selbstbeurteilungsskalen nach
griff zu werten ist. In der ersten Phase ist ein kurzer
Zerssen, Hautzinger Depressionsinventar) Verord-
stationärer Aufenthalt empfehlenswert (2-3 Tage), um
nung von Antidepressiva in höherer Dosis
die optimal wirksame Dosis des Medikaments zu er-
· Gruppentherapie: Verbesserung der Copingstrate-
mitteln. Die alleinige Verwendung von Bupivacain
gien, intensive Information über Verlauf der Er-
kann bei längerer Anwendung zu propriozeptiven und
krankung, Erlernen von Entspannungstechniken
motorischen Nebenwirkungen führen, was für die
· Kognitiv-Verhaltenstherapeutische Interventionen:
funktionelle Wiederherstellung extrem kontraproduk-
tiv ist. In diesen Fällen wird eine Kombination eines
Schonung, Bewegungsphobie als auch zur Steige-
Lokalanästhetikums mit einem Opiat verabreicht, nach
monatelangem Gebrauch (mehr als 6 Monate) sollte
Symptom orientierte Therapieauswahl.
eine Umstellung auf ein neuromodulativesVerfahrenin Erwägung gezogen werden(56).
Eine holländische Gruppe hat ein Therapiekonzeptfür das CRPS 1 publiziert, das für die medikamentöse
Therapie des CRPS aus den vorhandenen Sympto-men, deren Ursachen und den pharmakologischen
Wirkungen klinische Konzequenzen beschreibt. Prin-
Auf der Website der Amerikanische Selbsthilfegruppe
zipiell ist dieses Ansatz auch für nicht medika mentöse
für Patienten mit sympathischer Reflexdystrophie fin-
det sich ein Literaturüberblick (57), der basierend aufden Ergebnissen von Fallserien und einer einzigen
Ein Algorithmus für die Behandlung des CRPS in
randomisierten Studie (58), die Wirksamkeit der Rücken-
Abhängigkeit der Schmerzintensität wurde publiziert
marksstimulation zur Schmerzminderung bei CRPS
(19), in dem die Physikalische Therapie Ausgangs-
bestätigt. Unklar bleibt jedoch, ob auch andere Sym-
punkt der Behandlung darstellt (Abbildung 1). Dieses
ptome des CRPS positiv verändert werden können.
Schema zeigt einerseits ein klares, an der Schmerz-beeinflussung orientiertes therapeutisches Vorgehen.
Trotz des fehlenden Nachweises von körperlichen
Andererseits weist es auf den fehlenden Standard der
Wirkungen, die über die Schmerzdämpfung hinaus-
medikamentösen Therapie, da für keines der empfoh-
gehen, hat eine kürzlich publizierte holländische Ar-
lenen Pharmaka kontrollierte Studien oder auch nur
beit (59) die Rückenmarkstimulation als die kosten-
Fallserien in der Behandlung des CRPS vorliegen. Alle
günstigste Therapie bei CRPS klassifiziert.
Medikamente sind in Richtung neuropathischen Schmerzzentriert, wobei für diese Indikation auch eine Evidenz
Psychologische Therapieoptionen
der Wirsamkeit zu finden ist (Übersicht bei 16).
Bilsang ist keine spezielle Schmerzpersönlichkeit für
1.Merskey H., Bogduk N. Classification of chronic pain.
CRPS nachgewiesen. Es ist unklar, ob prädisponie-
ÖZPMR, Österr. Z. Phys. Med .Rehabil 13/2 (2003)
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Abbildung 1Algoritmus zur Therapie bei CRPS (nach 19)
Klinische Diagnose eines CRPS Beginn mit physikalischer Therapie Mäßiger Schmerz beschränkt Partizipation Starker Schmerz beschränkt Partizipation Medikation (trizyklische Antdepressive, Gabapentin, schwache Opiate) plus physikalische Therapie Klinische Besserung Weiter unerträglicher Schmerz Fortsetzung der physikalischen Therapie und Diagnostische Sympatikusblockade Reduktion der Medikation Positiver Effekt Negativer Effekt Weitere Sympathikusblockaden plus Weitere Nervenblockaden plus physikalische Therapie physiklalische Therapie Klinische Besserung Weiter unerträglicher Schmerz Klinische Besserung Fortsetzung der Medikation (trizyklische Fortsetzung der physikalischen Therapie und Antdepressive, Gabapentin, physikalischen Therapie und Reduktion der Medikation schwache Opiate) plus Reduktion der Medikation physikalische Therapie Klinische Besserung Weiter unerträglicher Schmerz Fortsetzung der physikalischen Rückenmarksstimulation oder Therapie und Reduktion der intrathekale Schmerzpumpe Medikation
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YLMP2009 Abstract - www.ifa.amu.edu.pl/ylmp Is Neuro–Linguistic Programming hoax or hard science? A neuroscientific investigation into the theory Marek Kiczkowiak (School of English, Adam Mickiewicz University, Poznań) Neuro–Linguistic Programming [NLP] was first introduced in the early 1970s with a publication by Richard Bandler and John Grinder “Structures of magic I and